Ashkan Saidy erfüllt sich einen Lebenstraum
Wo liegt Heimat, wenn nicht zuhause? Mit dieser Lebensfrage wurde Ashkan Saidy als 21-Jähriger völlig unverhofft konfrontiert. Er musste den Iran verlassen, floh allein Richtung Europa. Auf Umwegen verschlug es ihn in eine süddeutsche Asylunterkunft. Seitdem sind 13 Jahre vergangen. 2018 erhielt er in München die deutsche Staatsbürgerschaft – und seine Aussprache und der leichte Dialekt verraten sofort: Ashkan Saidy ist a echter Bayer!
Der 34-Jährige lacht herzhaft: „Natürlich bin ich kein eingefleischter Bayer. Aber Deutschland ist definitiv zu meiner Heimat geworden.“ Ashkan Saidy wirkt unbeschwert – „Obwohl schon morgen eine Klausur ansteht“, ergänzt er augenzwinkernd. „Zugegeben, die ein oder andere nächtliche Lerneinheit habe ich schon hinter mir.“ Seit drei Semestern studiert er an der FOM Hochschule in München Maschinenbau – ein Lebenstraum, der ihm lange verwehrt blieb.
Mit Anfang 20 vor dem Nichts
In der iranischen Hauptstadt Teheran hatte Ashkan Saidy das typische Leben eines jungen Mannes geführt: „Ich studierte Elektrotechnik und lebte in einer WG.“ Doch dann der jähe Bruch, plötzlich war die Flucht für ihn der einzige Weg in die Freiheit. Ohne Eltern und Geschwister musste er sein bisheriges Leben hinter sich lassen. Man hört ihm an, wie sehr die Flucht ihn geprägt hat: „2005 kam ich nach Deutschland – ohne ein Wort zu verstehen. Bis zur Aufenthaltsgenehmigung wohnte ich vier Jahre lang im Asylheim, durfte weder arbeiten noch studieren. Eine schwere Zeit, weil ich keine Verantwortung für mein Leben übernehmen konnte.“
Auch die Kultur war ihm zunächst fremd: „Eins der ersten Worte, das ich in Deutschland lernte, war Struktur“, erinnert sich Ashkan Saidy lachend. „Das war für mich erstmal eine Herausforderung, weil ich selbst ein völlig unorganisierter Mensch bin. Von der berühmten deutschen Pünktlichkeit war ich hingegen sofort begeistert!“
„Endlich durfte ich studieren!“
Seinen Lebenstraum gab Ashkan Saidy trotz aller Widrigkeiten nie auf: „Ich wollte unbedingt studieren. Im Asylheim lieh ich Mathe- und Physikbücher aus, eignete mir das Grundwissen und deutsche Fachbegriffe an. Weil mein iranisches Abitur nur als mittlere Reife anerkannt wurde, musste ich mich beruflich für ein Studium qualifizieren.“ Nach der Aufenthaltsgenehmigung ließ er sich das im Iran begonnene Elektrotechnik-Studium als Ausbildung anrechnen und sammelte drei Jahre Berufserfahrung als Schweißfachmann. Dann war es soweit: "Endlich durfte ich studieren!"
„Gerade weil mir das Studium lange verwehrt war, ist es ein echtes Privileg für mich. Ich genieße es, mich zwischen Fachbüchern und dem Vorlesungsmaterial zu verlieren.“ Der FOM Student arbeitet seit vier Jahren als Schweißfachmann in der Qualitätssicherung bei Siemens. „Ich bin begeisterter Handwerker, auch deshalb habe ich mich für das Maschinenbau-Studium entschieden – sobald ich baue, bin ich tiefenentspannt. Erst vor kurzem habe ich im Studienprojekt einen 3D-Drucker selbst zusammengebaut“, gerät Ashkan Saidy ins Schwärmen.
Auch für die Zukunft hat der Deutsch-Iraner vor allem ein Ziel: „Ich möchte auf jeden Fall ein Master-Studium dranhängen. Ich kann mir auch vorstellen, danach einige Zeit im Ausland zu leben. Aber ich werde immer nach Deutschland zurückkehren, denn hier bin ich zuhause, oder – wie wir in Bayern sagen – dahoam!“